Kai zögerte. Da war etwas in dem Blick der Marokkanerin, ein bedrohliches Flackern in ihren Augen, welches ihm nicht geheuer erschien.
"Ich glaube, wir sollten jetzt gehen", meinte er entschieden und machte sich auf, den kleinen Laden zu verlassen.
Er war noch nicht einmal bei der Türe, da sprang die Verkäuferin plötzlich auf, zeigte auf ihn, trat mit ihren in eleganten Sandalen steckenden Füßen mehrfach auf den staubigen Boden, während sie etwas Unverständliches vor sich hin murmelte. Entsetzt musste Anja mitansehen, wie Kais Bewegungen langsamer, wie in Zeitlupe wurden, bis er schließlich völlig zur Salzsäule erstarrte. Anja sah dem Spektakel einige Sekunden lang fassungslos zu, ihr Verstand begriff nicht, was sich da gerade abspielte.
Als sie realisierte, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, versuchte sie zunächst erfolglos, Kai wachzurütteln - er stand unumstößlich, wie von der Zeit eingefroren, da - um dann all ihren Mut zusammenzunehmen und mit zornigem Blick auf die Ladenbesitzerin zuzugehen und zu schreien: "Was hast du mit Kai gemacht! Ich verlange, dass du ihn sofort wieder aus diesem...Bann entlässt!"
Sie war so wütend, dass sie wahrscheinlich ihre zierlichen Fäuste zum ersten Mal für eine gewalttätige Aktion, die das gelegentliche Plätten von Mücken und kleinen Fliegen überschritt, gebraucht hätte, wenn die Marokkanerin sie nicht mit einem Fingerschnippen gestoppt hätte. Diesmal realisierte sie sehr schnell, dass sie verhext sein müsse, fühlten sich doch ihre Füße plötzlich zentnerschwer an, so dass es ihr unmöglich war, sie vom Erdboden zu bewegen.
Die Ladenbesitzerin, nunmehr wohl wissend, über alle Zeit der Welt und über große Macht zu verfügen, trat nun langsam auf Anja zu.
Ihre wunderschönen Augen musterten sie eine Weile, so als wolle sie prüfen, ob Anja einer ganz bestimmten Prüfung würdig sein würde.
Sekunden, die Anja endlos vorkamen, verstrichen.
Dann endlich hatte sich die mächtige Magierin entschieden: